Was ist der Unterschied zwischen Schulrhythmus und Ganztagsschule?

(Beitrag erschienen im April-Einblick 2016)

Die Delegation zur Neugestaltung des Schulrhythmus beschäftigt sich mit Unterrichtszeiten und dem sonstigen Tagesablauf an unserer Schule. Die Fragestellungen rund um die Möglichkeit, dass wir zu einer Ganztagsschule werden, sehen recht ähnlich aus. Sind die beiden Themen somit letztlich identisch? Steckt hinter dem neuen Schulrhythmus lediglich eine verkappte Ganztagsdebatte?

Nun, werfen wir zuerst einmal einen Blick zurück. Manchmal hilft es schließlich, sich auf die Ursprünge zu besinnen. Und diese besagen hier, dass am Anfang eine Arbeitsgruppe für die ersten Überlegungen der Möglichkeiten einer Ganztagsschule stand. Sehr schnell war bei diesen Überlegungen klar: Hier haben wir nicht nur eine Frage zur Nachmittagsgestaltung an der Schule auf dem Tisch, hier ist der Name Programm und es geht um den ganzen Tag. Was ebenfalls klar wurde: Unser Vormittag beginnt sehr früh, ist recht voll und lässt wenig Luft für waldorfpädagogische Freiräume. Aktuelle, chronobiologisch-wissenschaftliche, Erkenntnisse bestätigen dieses.

Nach einiger Zeit und ersten Erfahrungen mit freiwilligen Angeboten zur Hausaufgabenbetreuung und diversen AGs wurde die Delegation Schulrhythmus gebildet. Diese greift einzelne Aspekte der Ganztagsthematik auf, vertieft diese und lässt dafür andere bewusst außen vor. Nehmen wir zur Veranschaulichung ein kleines Mengendiagramm und stellen darin den Schulrhythmus und die Ganztagsschule inhaltlich gegenüber.

Venn-Diagramm zu Schulrhythmus vs. Ganztag

Wir stellen dabei fest: Beide widmen sich dem zeitlichen Rahmen für unsere Schule. Sie tun es jedoch von verschiedenen Standpunkten aus. Der neue Schulrhythmus dient dazu, einen gesunden Raum dafür zu schaffen, dass wir zum einen auch weiterhin einen qualitativ hochwertigen Unterricht bieten können, zum anderen jedoch auch Möglichkeiten zu bieten, auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse sowie gesellschaftliche Veränderungen reagieren zu können.

Die Delegation betrachtet hierfür zuvorderst den morgendlichen Unterrichtsbeginn. Davon ausgehend untersucht sie die Auswirkungen auf alle davon abhängigen Themen. Diese schließen die verschiedenen Möglichkeiten des Schulwegs mit ein. Können wir zum Beispiel mit dem KVV über Straßenbahnfahrpläne reden? Einen Versuch ist es wert. Ebenso stellt sich z.B. die Frage, ob für einige von uns ein Frühhort sinnvoll wird, wenn wir den Unterrichtsbeginn nach hinten verschieben.

Während diese Fragestellungen insbesondere im Bezug auf den Schulrhythmus relevant sind, wirken sich andere auch auf die Thematik des Ganztages aus. So sind unsere Pausen derzeit potenziell noch nicht optimal gestaltet, um einen gesunden Schultag zu unterstützen. Ebenso ergibt die Unterrichtsabfolge noch Raum für Gestaltungsspielräume. Aber auch der Umfang des Unterrichts gehört auf den Prüfstand. Insbesondere in der Mittelstufe gibt es hier möglicherweise die Chance auf etwas Optimierung, um das Schulende am Nachmittag zu entlasten. Das Ziel der Delegation ist es, die bisher bis zu dreimal wöchentlich anfallenden Unterrichtsblöcke idealerweise auf nur zwei Tage pro Woche zu beschränken.

Unter dem Strich entfalten die Aktivitäten zur Neugestaltung des Schulrhythmus ihre Wirkung für uns alle als Schulgemeinschaft. Die Aktivitäten zur schrittweisen Ermöglichung einer Ganztagsschule dienen hingegen als freiwillig anzunehmende Angebote für alle daran Interessierten. Etwas überspitzt formuliert besteht die Intention hinter dem neuen Schulrhythmus darin, die Zeit an der Schule zu reduzieren, indem wir morgens später anfangen und die Mehrbelastung am Nachmittag möglichst geringfügig ausfallen lassen. Demgegenüber dienen die Angebote des Ganztages dem Schaffen von mehr Zeit an der Schule für jene, die diese in Anspruch nehmen möchten.

Derzeit eruiert die Schulrhythmus-Delegation die Möglichkeit, erste Aspekte schon zum anstehenden neuen Schuljahr umzusetzen. Eine ganzheitliche Umstellung inklusive des späteren Unterrichtsbeginns ist zum Schuljahr 2017/18 geplant. Die Diskussion um einen Wandel unserer Schule hin zum Ganztag wird uns sicher noch deutlich länger begleiten.